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Wissenschaft
Vom Quantencomputer bis zu SQUIDs - die Preisträger haben die Grundlage für Forschungsgebiete gelegt, in denen die PTB heute mit an der Weltspitze steht.
Die Quantenmechanik, die vor 100 Jahren ausformuliert wurde, ist heute mit zahlreichen technologischen Anwendungen, wie dem Quantencomputer oder empfindlichen Sensoren, aktueller denn je. Zu diesen Technologien haben drei Forscher beigetragen, die mit ihren Arbeiten den quantenmechanischen Tunneleffekt und quantisierte Energieniveaus in speziellen supraleitenden Schaltkreisen untersucht haben. Die PTB gratuliert den Physiknobelpreisträgern John Clarke, Michel Devoret und John Martinis von Herzen zu ihrer verdienten Auszeichnung!
An der University of California in Berkeley arbeitete Mitte der 1980er Jahre John Clarke mit seinem Doktoranden John Martinis und seinem Postdoktoranden Michel Devoret an supraleitenden Stromkreisen. In einem Supraleiter fließen die Elektronen, anders als bei gewöhnlichen Leitern, bei extrem niedrigen Temperaturen ohne Widerstand durch den Draht, weil sie sich geschickt zu Paaren zusammenschließen und so durch die Stromkabel ohne Behinderung „tanzen“ können. Speziell untersuchten Clarke, Devoret und Martinis in diesen Stromkreisen den bereits im atomaren Maßstab bekannten Tunneleffekt jetzt in millimetergroßen Systemen und konnten ihn auch auf dieser makroskopischen Ebene nachweisen.
Über diese Arbeiten und über den persönlichen Austausch bei Konferenzen und Besuchen besteht eine enge thematische Verbindung zur Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), die eine weltweit führende Spitzenstellung in der Supraleitungsmetrologie besitzt. So basieren die Arbeiten der PTB an supraleitenden Qubits auf der Forschung der frisch gekürten Nobelpreisträger. „An der PTB entwickeln wir zuverlässige Messtechnik, zum einen für supraleitende Qubits und zum anderen mit den Qubits als genaue Sensoren“, erklärt PTB-Physiker Mark Bieler.
Ein Quantencomputer auf Basis solcher supraleitenden Schaltkreise hat einen großen Vorteil: seine Quantenbits (Qubits) sind relativ robust gegenüber äußeren Störungen und die Anzahl der Qubits konnte bisher recht weit hochskaliert werden. Für die Realisierung eines Quantencomputer-Demonstrators entwickelt die PTB im deutschlandweiten Projekt QSolid besonders rauscharme Schaltungen der nächsten Generation, für die hochpräzise Fertigungsmethoden eingesetzt werden. Darauf aufbauend werden bald Kalibrierangebote entstehen, die am Quantentechnologie-Kompetenzzentrum der PTB von Industriepartnern genutzt werden können.
„John Clarke ist auch einer der Väter der SQUID-Sensorik und kennt unsere langjährigen Aktivitäten zur SQUID-Magnetometrie für die Biodiagnostik gut“, sagt PTB-Physiker Jörn Beyer. Die kleinen Geräte (Superconducting Quantum Interference Devices, kurz SQUID) sind höchst empfindliche Sensoren für kleinste Magnetfelder. Ein Feld von SQUID-Detektoren nahe am Kopf eines Patienten oder einer Patientin registriert winzige Magnetfeldschwankungen, die durch die Hirnströme ausgelöst werden. So können Vorgänge im Gehirn mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung – ohne durch die Messung die Patient*innen zu belasten – aufgezeichnet werden. Neurologische Erkrankungen wie Epilepsie, Parkinson oder Migräne lassen sich so diagnostizieren. Die nächste Generation solcher quantenbasierten Detektoren geht in diesen Tagen in der PTB in die Anwendung. Gemeinsam mit der Charité wird im Oktober ein gemeinsames Zentrum an der Charité Berlin Mitte eingerichtet, das Magnetenzephalographie mit der Quantenphysik verbindet und in größtmöglicher Nähe der Patientinnen und Patienten Hirnkrankheiten untersuchen kann.
Und so wirkt der Nobelpreis Physik heute bis in die Kliniken und zeigt, dass Quantenphysik nicht nur ein wundersames Phänomen ist, sondern in Form von makroskopischen Quanteneffekten in Strom- und Schaltkreisen in der Biomedizin viel Gutes bewirken kann.
Für PTB-Präsidentin Cornelia Denz macht diese enge weltweite Verbindung zwischen Forschenden wieder einmal deutlich: „Wir stehen alle auf den Schultern von Giganten: Jede erfolgreiche Anwendung heute basiert auf den bahnbrechenden Erkenntnissen vorangegangener exzellenter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Meine herzlichen Glückwünsche gehen daher an die visionären Nobelpreisträger, die ganz im Sinne Nobels mit ihrer Erfindung Gutes für die Menschheit getan haben und immer noch tun!“
Kontakt: Dr. Jens Simon, Pressesprecher PTB, Tel.: 0531 592 3005, E-Mail: jens.simon@ptb.de
Die Physiknobelpreisträger des Jahres 2025: John Clarke, Michel H. Devoret, John M. Martinis.
Copyright: Niklas Elmehed. © Nobel Prize Outreach
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Informationstechnik, Physik / Astronomie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch
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