idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Neue Beobachtungen mit dem Instrument ERIS am Very Large Telescope widerlegen die Annahme, dass das supermassive Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße nahegelegene Staubobjekte verschlingt / Veröffentlichung in Astronomy & Astrophysics
Ein internationales Forschungsteam unter Leitung von PD Dr. Florian Peißker von der Universität zu Köln hat mit dem neuen Beobachtungsinstrument ERIS (Enhanced Resolution Imager and Spectrograph) am Very Large Telescope (VLT) in Chile gezeigt, dass mehrere sogenannte „staubige Objekte“ stabile Bahnen um das supermassive Schwarze Loch Sagittarius A* im Zentrum unserer Galaxie ziehen. Frühere Studien hatten vermutet, dass einige dieser Objekte vom Schwarzen Loch verschluckt werden könnten. Neue Daten widerlegen diese Annahme. Die Erkenntnisse sind unter dem Titel „ABCD“ im Fachjournal Astronomy & Astrophysics veröffentlicht.
Im Fokus der Studie standen vier dieser ungewöhnlichen Himmelskörper, die in den letzten Jahren für Diskussionen gesorgt hatten. Besonders das Objekt G2 galt lange als reine Staubwolke, von der vermutet wurde, dass die Anziehungskraft von Sagittarius A* sie zunächst in die Länge zieht – Astronom*innen sprechen von einer ‚Spaghettisierung‘ – und schließlich zerstört. Die präzisen Beobachtungen mit ERIS, das Strahlung im Nahinfrarotbereich einfängt, zeigen jedoch, dass G2 einer stabilen Umlaufbahn folgt – ein Hinweis darauf, dass sich im Inneren der Staubwolke ein Stern befindet. Damit bestätigt sich, dass das Zentrum der Milchstraße nicht nur zerstörerisch, sondern auch überraschend stabil sein kann.
Auch das Doppelsternsystem D9, das Peißker und sein Team 2024 entdeckten, bleibt trotz der enormen Gezeitenkräfte des Schwarzen Lochs stabil. Es ist das erste bekannte Doppelsternsystem, das so nah an einem supermassiven Schwarzen Loch beobachtet wurde. Theoretisch könnten die beteiligten Sterne in D9 durch die starken Gezeitenkräfte zu einem einzelnen massiveren Stern verschmelzen – bislang aber zeigen die ERIS-Daten, dass D9 intakt bleibt. Ähnliches gilt für die Objekte X3 und X7, die ebenfalls auf gebundenen Umlaufbahnen kreisen und damit weniger fragil sind, als frühere Modelle angenommen hatten.
„Dass sich diese Objekte so nahe an einem Schwarzen Loch stabil bewegen, ist faszinierend“, sagt Florian Peißker. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Sagittarius A* weniger zerstörerisch ist, als man lange dachte. Das macht das Zentrum unserer Galaxie zu einem idealen Labor, um die Wechselwirkungen zwischen Schwarzen Löchern und Sternen zu erforschen.“
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Vorgänge im Zentrum der Milchstraße komplexer sind als bisher angenommen. „Das supermassive Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße hat nicht nur die Fähigkeit, Sterne zu zerstören, sondern kann auch deren Entstehung oder die Bildung ziemlich exotischer staubiger Objekte stimulieren, höchstwahrscheinlich durch Verschmelzungen von Doppelsternen“, sagt Michal Zajaček von der Masaryk-Universität in Brünn (Tschechische Republik). Künftige Beobachtungen mit ERIS und dem kommenden Extremely Large Telescope (ELT) sollen helfen, die Entwicklung dieser Objekte weiter zu verfolgen und zu verstehen, wie Sterne selbst in den extremen Regionen des Universums überleben können.
Presse and Kommunikation:
Jan Voelkel
+49 221 470 2356
j.voelkel@verw.uni-koeln.de
Verantwortlich: Dr. Elisabeth Hoffmann – e.hoffmann@verw.uni-koeln.de
Inhaltlicher Kontakt:
PD Dr. Florian Peißker
Institut für Astrophysik
+49 221 470 7791
peissker@ph1.uni-koeln.de
Zur Veröffentlichung:
https://www.aanda.org/10.1051/0004-6361/202556229
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Geowissenschaften, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch

Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).