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Wissenschaft
Biosensoren helfen Menschen mit chronischen Krankheiten weltweit dabei, ihr Leben dennoch gut zu gestalten. Aber oftmals ist die Messgenauigkeit noch relativ ungenau, was die Einsatzbereiche der Sensoren begrenzt. Forschende der Technischen Universität München (TUM) haben nun einen Weg gefunden, die Messgenauigkeit von gängigen Oxidase-Biosensoren von 50 auf 99 Prozent zu steigern und so den Weg für neue Anwendungen zu ebnen.
Selbst den Blutzuckerspiegel messen und bedarfsgerecht Insulin dosieren: Das ermöglichen schon heute Biosensoren, die von Diabetes Betroffene selbst anwenden können – schnell und ohne Labor. Auch in anderen Bereichen werden Biosensoren bereits eingesetzt, doch für zahlreiche vielversprechende Anwendungen sind sie zu ungenau. Das betrifft beispielsweise den Kreatininwert, einen wichtigen Wert für die Nierenfunktion. Das Potenzial von Biosensoren lässt sich so bisher nicht voll ausschöpfen.
Nicolas Plumeré, Professor für Elektrobiotechnologie an der TUM, Huijie Zhang, ehemalige Mitarbeiterin an seiner Professur und nun Professorin für New Energy an der Nanjing University of Science and Technology in China, und Mohamed Saadeldin, Doktorand an der TUM, wollten das ändern: In einer Laborstudie konnten sie die Messgenauigkeit von Oxidase-Biosensoren bei den Stoffwechselprodukten Glucose, Lactat und Kreatinin von etwa 50 Prozent auf 99 Prozent erhöhen, ohne dass die Sensoren erst entsprechend kalibriert werden müssen. Lactat wird zum Beispiel bei der Überwachung kritisch kranker Patientinnen und Patienten gemessen. Das eröffnet laut dem Team neue Anwendungsfelder für die Sensoren. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht.
Sauerstofffänger räumt im Sensor auf
Die Ursache der bisherigen Messungenauigkeit liegt in der Wirkungsweise der Sensoren begründet. Sie nutzen Oxidasen, also Enzyme, die Stoffe wie Glucose zu Glukonlakton und Elektronen umwandeln. Dabei werden die Elektronen auf im Sensor verbaute Elektroden übertragen und erzeugen Strom. Je mehr von einem Stoff vorhanden ist, umso höhere Stromwerte zeigt das Display an. Das Problem: Die Oxidase überträgt Elektronen nicht nur an die Elektrode, sondern auch an Sauerstoff aus der Umgebung. Diese fehlgeleiteten Elektronen werden somit nicht mehr zu Strom umgewandelt, das Signal fällt schwächer aus und die gemessene Konzentration ist niedriger als die tatsächliche.
Um dieses Problem zu lösen, haben die Forschenden einen Sauerstofffänger entwickelt. Er besteht aus einer Alkohol-Oxidase, die den zusätzlich vorhandenen Sauerstoff kontrolliert verbraucht, indem sie ihn in Wasser umwandelt. Mit dem eigentlichen Substrat, also der Glucose, dem Kreatinin oder dem Lactat, reagiert die Alkohol-Oxidase hingegen nicht. Der eigentlichen Oxidase stehen nach dieser „Aufräumaktion“ für die Substratbestimmung nur noch wenige Sauerstoffmoleküle zur Verfügung, sodass sie ihre Elektronen fast vollständig an den Sensor übertragen.
Einsatzmöglichkeiten von der Medizin bis zur Landwirtschaft
„Wir sehen eine große Bandbreite neuer und erweiterter Anwendungsfelder und das Potenzial, in Zukunft bei der Bestimmung mancher Werte auf die Testung im Labor zu verzichten“, sagt Nicolas Plumeré. „Im Bereich der personalisierten Medizin könnten diese Biosensoren zur Kalibrierung von tragbaren Sensoren, sogenannten Wearables, eingesetzt werden. So könnten diese verlässlichere Gesundheitsdaten liefern und frühzeitig auf Probleme hinweisen oder bei der bedarfsgerechten Dosierung von Medikamenten unterstützen. Auch im Bereich der KI-gestützten Medizin wäre ein Nutzen denkbar, denn hier sind wir auf große Datenmengen angewiesen, die wir mit diesen verbesserten Biosensoren erheben könnten.“
Nicolas Plumeré sieht auch über die Medizin hinaus Potenzial für die Sensoren und arbeitet bereits daran, die Ergebnisse in die Praxis zu bringen. Auf Basis des Forschungsprojekts LiveSen-MAP haben er und ein Team einen nach dem gleichen Prinzip funktionierenden Test zur Bestimmung des Stickstoffgehalts in Weizenpflanzen entwickelt. So können Düngemaßnahmen vor Ort bedarfsgerecht angepasst und Überdüngung vermieden werden. Für landwirtschaftliche Betriebe bedeutet das geringere Kosten und zugleich eine Entlastung für die Umwelt.
Prof. Dr. Nicolas Plumeré
Technische Universität München
Professur Elektrobiotechnologie
Tel. +49 (9421) 187 - 400
nicolas.plumere@tum.de
https://ebt.cs.tum.de/de/
Zhang, H.; Saadeldin, M. G.; Buesen, D. et al.: A universal oxygen scavenger for oxidase-based biosensors. Sciences Advances 2025, DOI: 10.1126/sciadv.adw6133
https://mediatum.ub.tum.de/1838449 Bilder zum Download
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
Chemie, Informationstechnik
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch

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