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10.12.2025 08:44

Forschungsteam findet Hinweise auf mehrschichtigen Erdkern

Dr. Kathrin Kottke Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Münster

    Ein Forschungsteam hat neue Hinweise auf eine schichtartige Struktur im inneren Erdkern entdeckt. Hochdruck-Experimente mit Eisenlegierungen haben gezeigt, dass sich Erdbebenwellen je nach Ausbreitungsrichtung unterschiedlich schnell bewegen. Die Ergebnisse könnten eine Erklärung für diese lange Zeit rätselhaften seismischen Anomalien im Erdinneren liefern. Das Team hat die Ergebnisse jetzt in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

    Ein internationales Forschungsteam hat eine mögliche Erklärung für rätselhafte seismische Anomalien im inneren Erdkern gefunden: Es handelt sich um Erdbebenwellen, die sich je nach Ausbreitungsrichtung unterschiedlich schnell bewegen. Forscherinnen und Forscher der Universität Münster, dem Deutschen Elektronen Synchrotron (DESY), der Universität Lille und der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) simulierten dafür Bedingungen, wie sie tief im Erdinneren herrschen. Mithilfe von Röntgenstrahlen untersuchten sie das Verhalten von Eisenlegierungen, die Silizium und Kohlenstoff enthalten. Die Ergebnisse aus der Hamburger Großforschungsanlage PETRA III bei DESY zeigen: Eine schichtartige Struktur im inneren Erdkern – vergleichbar mit den Schalen einer Zwiebel – könnte dafür verantwortlich sein, dass sich Erdbebenwellen dort auf ungewöhnliche Weise ausbreiten. Das Team hat die Ergebnisse jetzt in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

    Der Erdkern besteht hauptsächlich aus Eisen, in kleineren Mengen sind jedoch auch leichtere Elemente wie Silizium, Kohlenstoff und Sauerstoff enthalten, die mit dem Eisen Legierungen bilden. Der äußere Erdkern ist flüssig, der innere Erdkern ist fest. Seismologische Messungen zeigen seit Langem, dass sich bestimmte Erdbebenwellen entlang der Erdachse etwa drei bis vier Prozent schneller bewegen als in der Äquatorebene. Außerdem unterscheiden sich diese Effekte zwischen dem äußeren und dem inneren Bereich des inneren Kerns.

    „Es gibt mehrere Theorien zu den Ursachen dieser Unterschiede“, betont Carmen Sanchez-Valle vom Institut für Mineralogie der Universität Münster. Eine mögliche Erklärung sei die sogenannte „lattice-preferred orientation“ (LPO), bei der sich die Kristalle im Eisen spezifisch ausrichten. Bisher fehlten jedoch experimentelle Daten dazu, insbesondere für Mischungen aus Eisen, Silizium und Kohlenstoff. „Deshalb haben wir gezielt untersucht, wie sich Silizium und Kohlenstoff gemeinsam auf die Verformungseigenschaften von Eisen auswirken“, sagt Carmen Sanchez-Valle.

    Für die Experimente stellte das Team Legierungen aus Eisen, Silizium und Kohlenstoff her. Diese wurden in einer Diamantstempelzelle zwischen zwei abgeflachten Diamantambossen extrem stark zusammengedrückt und mit einem Graphitheizer auf über 820 Grad Celsius erhitzt. Der dabei erreichte Druck entsprach etwa dem Millionfachen des normalen Luftdrucks.

    Die Röntgenmessungen zeigten, dass sich während der Kompression eine bevorzugte Ausrichtung der Kristalle bildete. „Mithilfe einer speziellen Röntgenmethode konnten wir diese Kristallausrichtung sichtbar machen“, erklärt Efim Kolesnikov, Erstautor der Studie. Aus den Messdaten berechneten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wichtige Materialeigenschaften, wie beispielsweise die Festigkeit und Zähflüssigkeit. Mithilfe theoretischer Modelle übertrugen sie diese Werte auf die Bedingungen im inneren Erdkern.

    Die Unterschiede in der Ausbreitung von Erdbebenwellen lassen sich mit der chemischen Zusammensetzung des Materials erklären, das sich mit zunehmender Tiefe ändert – der Eisenanteil nimmt nach innen hin zu. „Das passt gut zu den Geschwindigkeitsunterschieden, die wir in seismischen Messungen beobachten“, sagt Projektleiter Ilya Kupenko.

    Die Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Europäischen Forschungsrat (ERC) im Rahmen des Förderprogramms „LECOR” finanziert.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Maria del Carmen Sanchez Valle
    Universität Münster
    Institut für Mineralogie
    E-Mail: sanchezm@uni-muenster.de


    Originalpublikation:

    Kolesnikov, E., Li, X., Müller, S.C. et al. Depth-dependent anisotropy in the Earth’s inner core linked to chemical stratification. Nat Commun (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-67067-y


    Bilder

    Ein Einblick in den Versuchsaufbau am DESY in Hamburg zeigt die Vakuumkammer mit der Hochtemperatur-Diamant-Ambosszelle: Das orange Farbe stammt vom Licht, das die Zelle bei hoher Temperatur ausstrahlt.
    Ein Einblick in den Versuchsaufbau am DESY in Hamburg zeigt die Vakuumkammer mit der Hochtemperatur- ...
    Quelle: Carmen Sanchez-Valle
    Copyright: Carmen Sanchez-Valle


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geowissenschaften, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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