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Wissenschaft
Forschenden der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) und des Universitätsklinikums Düsseldorf (UKD) ist es erstmals gelungen nachzuweisen, wie externe Faktoren, etwa Infektionen, das Risiko für eine Alzheimer-Erkrankung erhöhen. Das internationale Team um Prof. Dr. Carsten Korth und Dr. Andreas Müller-Schiffmann vom Institut für Neuropathologie (UKD) konnte diesen Mechanismus nicht nur detailliert darstellen, sondern auch schon erfolgreich einen Wirkstoff erproben, der ihn blockiert. Damit eröffnet sich das Potenzial, das Alzheimer-Risiko bei Patientinnen und Patienten mit chronischen Infektionen und anderen Risikoerkrankungen zu senken.
Alzheimer ist eine fortschreitende Erkrankung, bei der durch molekulare Vorgänge im Gehirn ein Verfall des Nervensystems eintritt. Die Folge ist eine Alzheimer-Demenz, die mit zunehmenden kognitiven Einschränkungen einhergeht und in späteren Stadien auch mit einem Verlust der Alltagskompetenz sowie zu tiefgreifenden Persönlichkeitsveränderungen führen kann.
Die molekularen Vorgänge, die der Alzheimer-Demenz zugrunde liegen, sind bereits sehr gut erforscht. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Verklumpung der Proteine Amyloid beta und Tau, die zu einer Degeneration der Nervenzellen im Gehirn führt. Ebenfalls gut belegt ist, dass externe Faktoren, etwa eine Infektion mit dem Herpesvirus (Herpes-simplex-virus, HSV) oder Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, erhöhen. So führen etwa die durch eine Infektion mit HSV ausgelösten chronischen Entzündungen im Mundraum und die damit verbundene Immunreaktion oder eine Diabetes-Erkrankung zu den genannten Protein-Verklumpungen und somit zu einem höheren Alzheimer-Risiko. Diese durch externe Faktoren ausgelösten Erkrankungen sind sogenannte sporadische Alzheimer-Fälle. Wie genau die Risikofaktoren jedoch auf molekularer Ebene zur Entstehung der Erkrankung beitragen, war bisher nicht bekannt.
Den Düsseldorfer Forschenden ist es nun erstmals gelungen, diesen Prozess im Detail nachzuvollziehen. Geleitet wurde die Studie von Prof. Carsten Korth (Institut für Neuropathologie, UKD). Eine Schlüsselrolle spielt dabei eine veränderte Form des Proteins Makrophage Migration Inhibitory Factor (MIF), die im Gehirn von Alzheimer-Betroffenen vermehrt nachgewiesen werden kann. MIF ist Bestandteil des körpereigenen Immunsystems und spielt eine wichtige Rolle bei Entzündungsreaktionen, Immunaktivierungen sowie bei Diabetes mellitus Typ 2.
Die Forschenden konnten zeigen, dass Herpesviren MIF in eine oxidierte Form (oxMIF) umwandeln, was wiederum eine Verklumpung des Proteins Tau und damit die Erkrankung begünstigt. Ein ähnlicher Prozess wird bei einer Diabetes-Erkrankung vermutet.
Im Tiermodell gelang es den Forschenden außerdem, diesen krankheitsfördernden Mechanismus mit dem Wirkstoff PAV-617 gezielt zu hemmen. Dadurch konnte die Verklumpung des Proteins Tau verhindert und das Alzheimer-Risiko vermindert werden.
„Wir glauben, dass wir mit PAV-617 einen hervorragenden Ansatzpunkt haben, um im Frühstadium die Mehrzahl der sogenannten sporadischen Fälle der Alzheimer-Demenz zu verhindern, indem wir die Verklumpung der Proteine unterbinden, bevor sie überhaupt entsteht.“ erklärt Prof. Korth. Darin liegt auch das große therapeutische Potenzial des Wirkstoffs: „Es ist wie bei einer Massenkarambolage: es reicht nicht, die verunfallten Autos zu entfernen, wir müssen auch die Unfallstelle absichern und verhindern, dass noch mehr Autos verunfallen.“
Ihre Ergebnisse hat das internationale Forschungsteam nun in der renommierten Fachzeitschrift Cell Reports Medicine veröffentlicht. Neben der HHU und dem UKD waren die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (Schweiz), Prosetta Biosciences (USA), die Friedrich-Schiller-Universität Jena, das University College London (UK) und das VU University Medical Center Amsterdam (Niederlande) an der Studie beteiligt.
Prof. Dr. Carsten Korth
Oxidized MIF is an Alzheimer’s disease drug target relaying external risk factors to tau pathology
A. Müller-Schiffmann, F. Torres, A. Kitaygorodskyy, A. Ramani, A. Alatza, S. K. Tschirner, Julien Orts, A. Haltrich, I. Prikulis, S. Yu, D. Dey, S. Mallesh, D. Prasad, D. Solas, V. Bader. A. Rozemuller. S. Wray, J. Gopalakrishnan, R. Riek, V. R. Lingappa, C. Korth. Cell Reports Medicine 2025.
https://doi.org/10.1016/j.xcrm.2025.102520
Prof. Dr. Carsten Korth (rechts) und Dr. Andreas Müller-Schiffmann (links) vom Institut für Neuropat ...
Quelle: Ingrid Prikulis
Copyright: HHU
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch

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