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Wissenschaft
Durch die unzähligen Bomben der Alliierten Luftwaffe wurden am 10. Oktober 1943 große Teile Münsters in Mitleidenschaft gezogen. Auch die Registratur des Generalvikariats wurde durch einen Bombeneinschlag komplett zerstört und mit ihr rund 90 Prozent der Aktenbestände des Bistums Münster seit 1820. Die dadurch entstandene Lücke in der Überlieferung der Bistumsgeschichte soll durch das im Oktober gegründete "Institut für die Geschichte des Bistums Münster" nach und nach geschlossen werden. Die neue Forschungsstelle am Seminar für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster steht unter der Leitung von Leibniz-Preisträger Prof. Dr. Hubert Wolf und wird komplett über Drittmittel vom Bistum Münster finanziert.
"Mit Hilfe von Gegenüberlieferung, Nachlässen oder privaten Sammlungen soll versucht werden, die im Zweiten Weltkrieg verlorenen Aktenüberlieferungen zu rekonstruieren", erklärt der wissenschaftliche Leiter des Instituts, Diplom-Theologe Thomas Flammer. Die Gegenüberlieferung funktioniert nach einem einfachen Prinzip: Wenn der Bischof von Münster dem Bischof von Köln 1856 einen Brief geschrieben hat, fehlt dieser zwar in den hiesigen Archiven, wird aber wahrscheinlich im Kölner Bistumsarchiv zu finden sein, so dass eine spiegelbildliche Überlieferung vorhanden ist. So gleicht die zu leistende Tätigkeit mit der Verfolgung von Einzelhinweisen einer regelrechten Detektiv- oder Spürhundarbeit.
In die rund 120 verlorenen Jahre fallen so wichtige Daten wie die Zuordnung zu Preußen, was bedeutete, dass die Katholiken lernen mussten, in einem mehrheitlich protestantischen Staat zu leben. Die Preußische Verfassung von 1850 brachte den Kirchen die Freiheit, ihre Angelegenheiten ohne staatlichen Eingriff selbst zu regeln. Doch 1871 wurde diese selbstbewusste Entwicklung der Katholiken im Bistum Münster durch den Kulturkampf hart auf die Probe gestellt. Ebenso unbeschrieben ist die Zeit der Weimarer Republik und die des Nationalsozialismus, in der das Bistum durch seinen Bischof Clemens August von Galen geprägt wurde.
Die Hauptaufgabe der Mitarbeiter des Instituts besteht darin, unterschiedlichste Sammlungen - vom Pfarrarchiv über Diözesan- und Staatsarchive bis hin zum Vatikanischen Geheimarchiv - zu durchforsten und mögliche Funde ins Diözesanarchiv des Bistums Münster zu überführen. Neben dieser zeitaufwändigen Recherche gilt es aber auch, interessante Funde wissenschaftlich aufzubereiten und nach Möglichkeit zu publizieren. Neue Ergebnisse sollen ganz gezielt an die Öffentlichkeit gebracht und verbreitet werden. "Denkbar sind in diesem Zusammenhang zum Beispiel Vorträge im Rahmen des Diözesanjubiläums oder Seminare an der Katholisch-Theologischen Fakultät", meint Wolf. Außerdem wolle man mit der Zusammenarbeit zwischen Bistum und Universität sowie den unterschiedlichen Forschungsvorhaben, wie dem Inquisitions-Projekt, natürlich die Synergieeffekte nutzen.
Die Finanzierung wissenschaftlicher Forschungsprojekte durch das Bistum Münster ist an sich nichts Neues, aber mit dem Institut wird die bewährte Zusammenarbeit zwischen Diözese und Universität auf einer neuen Ebene fortgesetzt. "Bisher hat die Diözese immer Einzelprojekte finanziert, die sich mit wichtigen Aspekten der Bistumsgeschichte beschäftigt haben. Jetzt bündeln wir unsere finanziellen Anstrengungen, indem wir dieses neue Institut langfristig finanzieren", sagt Generalvikar Norbert Kleyboldt. Durch die neue Konstruktion ist es möglich geworden, auch vom Land Fördergelder zu erhalten.
In diesem Jahr steht vor allem das Diözesanjubiläum sowie die mögliche Seligsprechung des Kardinals Clemens August von Galen im Vordergrund der Arbeit des Instituts. Aber auch für die Zukunft hat man schon einige interessante Vorhaben geplant, wie zum Beispiel die nähere Beleuchtung des Lebens vom Gründer des münsterschen Zoos und Priester Hermann Landois.
http://ivv7srv01.uni-muenster.de/fb02/minekg/wolf/index.html Seminar für mittlere und neuere Kirchengeschichte
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Philosophie / Ethik, Religion
regional
Forschungsprojekte, Organisatorisches
Deutsch
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