idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
02.11.1999 09:45

Jenaer Humangenetiker warnt vor "Eugenik von unten"

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena. (02.11.99) Die Ergebnisse der humangenetischen Forschung werden das nächste Jahrhundert maßgeblich prägen, prophezeit Prof. Dr. Uwe Claussen. Der Direktor des Instituts für Humangenetik und Anthropologie an der Universität Jena hält zwar die "anthropotechnischen Visionen" des Philosophen Peter Sloterdijk, der einen "Menschenpark" idealer Klone voraussieht, für denkbar unrealistisch. Dennoch ließen sich mit Hilfe der vorgeburtlichen Diagnostik genetisch vorgeprägte Eigenschaften - wie Intelligenzquotient, bestimmte Körpermerkmale oder Krankheitsrisiken - bereits beim Ungeborenen feststellen, so dass praktisch eine "Eugenik von unten" durch Wunschkind-versessene Eltern betrieben werden könne.

    Claussen sieht darin zwar keine biologischen Risiken, "denn am Genpool der Menschheit verändert das nichts." Jedoch könnte sich in der Folge eine neurotische Gesellschaft entwickeln, in der sichtbar Behinderte kaum noch vorkämen. Dabei werde gerade das weltweite Humangenom-Projekt beweisen, dass es den normalen Menschen gar nicht gebe, sagte Claussen dem Uni-Journal Jena in seiner neuesten Ausgabe. "Die Breite der Pathologie ist das Normale."

    Ohne menschliche Solidarität gegenüber Schwächeren werde ein Zusammenleben in der Gemeinschaft künftig noch weniger möglich sein, meint der Mediziner. Das gelte z. B. auch für die Praxis privater Versicherungsträger, genetische Krankheitsrisiken abzufragen und in die Beitragsberechnungen einfließen zu lassen. "Gesellschaftlich wird jeder, dessen genetische Krankheitsprädisposition bekannt ist, automatisch stigmatisiert", warnt Claussen, "Die anderen sehen in ihm bereits den künftig Kranken, selbst wenn er in den nächsten 10, 20 Jahren mit Sicherheit keinerlei Symptome entwickeln wird." Auch für den Betroffenen bedeute dieses Wissen eine hohe psychische Belastung. Als Konsequenz fordert Claussen ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Nichtinformiertsein und Nichtwissen.

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Uwe Claussen
    Tel.: 03641/935501
    E-Mail: ucla@mit-n.mit.uni-jena.de

    Vollständiger Wortlaut des Interviews auf Anfrage oder im Internet unter http://www.uni-jena.de/journal

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-jena.de/journal


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).