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26.06.2017 10:14

Sind Zeitreisen physikalisch möglich?

Dr. Anne Hardy Public Relations und Kommunikation
Goethe-Universität Frankfurt am Main

    In der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins der Goethe-Universität "Forschung Frankfurt" erklären zwei Physiker, warum man den Zeitpfeil nicht umkehren kann.

    FRANKFURT. Viele grundlegende physikalische Gesetze sind auch gültig, wenn die Zeit rückwärts läuft. Dennoch hat der Zeitpfeil eine eindeutige Richtung, wie der Physik-Didaktiker Prof. Roger Erb erklärt. Das hängt damit zusammen, dass Unordnung viel wahrscheinlicher ist als Ordnung. Aber es gibt auch noch andere Gründe dafür, dass Zeitreisen physikalisch nicht möglich sind. Darüber schreibt der Physiker und Wissenschaftskommunikator Sascha Vogel in seinem Beitrag über Physik in Hollywood am Beispiel des Films „Zurück in die Zukunft“. Physikalisch realistischer ist dagegen die Verlangsamung der Zeit in der Nähe eines schwarzen Lochs in dem Film „Interstellar“.

    Filmt man den Stoß zweier Billardkugeln, so kann man den Film rückwärts abspielen, ohne dass dies auffällt. Dagegen laufen viele natürliche Vorgänge in nur einer Richtung ab. Ein Film vom Abbrennen einer Kerze, rückwärts vorgeführt, würde niemanden überlisten. Solche Prozesse nennen Physiker irreversibel und beschreiben sie mit einer besonderen Größe, der Entropie.

    Als Beispiel hierfür führt Prof. Roger Erb ein Experiment mit einem Wasser gefüllten Gefäß an, das durch eine herausnehmbare Wand unterteilt ist. Auf der einen Seite ist das Wasser mit Farbe verrührt. Wird die Trennwand herausgezogen, so mischen sich die beiden Wassermengen, und die Farbe verteilt sich nach einiger Zeit gleichmäßig in beiden Hälften. Für jedes Farbstoffteilchen ist dann die Wahrscheinlichkeit, in der linken oder rechten Hälfte zu sein, gleich groß. Es wird sich jedoch (praktisch) nie mehr der Zustand einstellen, dass alle Farbteilchen in nur einer Hälfte versammelt sind.
    Wenn ein System von einem Zustand mit wenigen Realisierungsmöglichkeiten und damit geringer Wahrscheinlichkeit in einen mit vielen Möglichkeiten und damit größerer Wahrscheinlichkeit übergeht, dann wächst die Entropie. Das ist bei den allermeisten natürlich ablaufenden Prozessen der Fall. Vereinfacht sagt man daher auch, dass in einem (geschlossenen) System die Unordnung niemals abnehmen kann und meistens zunimmt.

    Warum Marty McFly nicht zurück in die Zukunft kann
    Aber nicht nur das Gesetz, das eine Abnahme der Entropie verbietet, macht Zeitreisen unmöglich. Der Theoretiker und Wissenschaftskommunikator Dr. Sascha Vogel führt in seinem Beitrag über die „Physik der Zeitreise“ an, dass es durchaus physikalische Prozesse gibt, die nicht gleich ablaufen, wenn man die Zeitrichtung umkehrt. „Hier könnte man allerdings mutig sagen, dass wir dies erstmal ignorieren. Wir bauen unsere Zeitmaschine und hoffen, dass der Rest schon schiefgeht“, so Vogel.

    Doch müsste man in Filmen wie „Zurück in die Zukunft“ noch an anderer Stelle aufpassen: „Wie schaffen wir es eigentlich, dass die Zeit überall zurückgedreht wird außer in der Zeitmaschine (bzw. dem DeLorean) von Doc Brown selbst?“ Denn ein biologisches System wie den Menschen kann man nicht in der Zeit zurückdrehen, und selbst wenn es so wäre, würden Marty und Doc Brown irgendwann als Säuglinge aus dem Auto krabbeln.

    Physikalisch interessanter ist der Film „Interstellar“, in dem Menschen mit einem Raumschiff durch ein Wurmloch in eine andere Galaxie reisen. In deren Mitte befindet sich ein riesiges Schwarzes Loch mit einer Masse von mehreren Millionen Sonnenmassen. Auf den Planeten, die das Schwarze Loch umkreisen, läuft die Zeit deutlich langsamer ab als auf dem weit entfernten Raumschiff. Das ist physikalisch realistisch, denn in der Nähe großer Massen vergeht die Zeit tatsächlich langsamer. Dies ist eine der Folgen der allgemeinen Relativitätstheorie und ist experimentell bestätigt.

    Übrigens kommt in dem Film das Bild eines Schwarzen Lochs vor, das physikalisch vollkommen korrekt berechnet wurde. Die wissenschaftlichen Berater haben dabei sogar neue Erkenntnisse gewonnen. „Da sag noch einer, Hollywood-Filme seien unnütz!“, folgert Sascha Vogel.

    Information: Prof. Dr. Roger Erb, Institut für Didaktik der Physik, Fachbereich 13, Campus Riedberg, Tel.: (069) 798-46458, roger.erb@physik.uni-frankfurt.de
    Dr. Sascha Vogel, Frankfurt Institute for Advanced Studies, Campus Riedberg, Tel.: (069) 798-47048, svogel@fias.uni-frankfurt.de.

    Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (1/2017) können Journalisten kostenlos bestellen: ott@pvw.uni-frankfurt.de. Im Internet steht sie unter: www.forschung-frankfurt.de/.
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    Aktuelle Nachrichten aus Wissenschaft, Lehre und Gesellschaft in GOETHE-UNI online (www.aktuelles.uni-frankfurt.de)

    Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 mit privaten Mitteln überwiegend jüdischer Stifter gegründet, hat sie seitdem Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Medizin, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein hohes Maß an Selbstverantwortung. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern in Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geistes- und Sozialwissenschaften. Zusammen mit der Technischen Universität Darmstadt und der Universität Mainz ist sie Partner der länderübergreifenden strategischen Universitätsallianz Rhein-Main. Internet: www.uni-frankfurt.de

    Herausgeberin: Die Präsidentin der Goethe-Universität Redaktion: Dr. Anne Hardy, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Theodor-W.-Adorno-Platz 1, 60323 Frankfurt am Main, Tel: (069) 798-13035, Fax: (069) 798-763 12531, kaltenborn@pvw.uni-frankfurt.de


    Bilder

    Dieses Experiment mit einem Wasserbehälter veranschaulicht die Entropie.
    Dieses Experiment mit einem Wasserbehälter veranschaulicht die Entropie.
    Foto: Dettmar/Goethe-Universität
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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