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03.02.2005 16:07

7000 tote Gefangene - eine Namen-Recherche

Volker Schulte Stabsstelle Universitätskommunikation / Medienredaktion
Universität Leipzig

    Elf sowjetische Gefangenenlager gab es nach dem II. Weltkrieg in der von der UdSSR besetzten Zone. Viele Menschen sind darin umgekommen. Allein 7000 starben im Lager im brandenburgischen Mühlberg. Ihre Namen wurden zum Teil falsch überliefert, Hunderte Schicksale sind daher nicht endgültig geklärt. Der Leipziger Namenforscher Professor Jürgen Udolph versucht nun, den Opfern ihre Namen wiederzugeben.

    "Ich hab dich so gesucht" heißt ein besonderes Buch, das 1995 erschienen ist. Es enthält 40.000 Namen von bis dahin Verschollenen, von Menschen, die im russischen Speziallager Buchenwald (1945 bis 1950) den Tod gefunden haben. Eine wichtige Quelle für die Nachkommen der Verstorbenen. Solch ein Totenbuch will nun auch die Initiativgruppe Lager Mühlberg e.V. erstellen. Das Lager im südlichen Brandenburg an der Grenze zu Sachsen gehört ebenfalls zu den elf vom NKWD, dem russischen "Volkskommissariat für innere Angelegenheiten", geführten Lagern.

    Dokumente des NKWD stehen dem Verein zur Verfügung - nur sind die Namen der Toten durch falsche mündliche Überlieferungen und Fehler beim Übersetzen ins Russische und zurück ins Deutsche zu einem großen Teil fehlerhaft. Also wandte sich die Initiativgruppe Ende letzten Jahres mit der Bitte um Hilfe an Professor Jürgen Udolph, Inhaber des in Deutschland einmaligen Lehrstuhls für Namenkunde (Onomastik) an der Universität Leipzig.

    "Mir ging dieses Thema gleich unter die Haut", erinnert sich Udolph. Erst recht, als er auf der Liste den Namen "Heinrich Keindorf" entdeckte. "Ich kenne seit 25 Jahren eine Frau Keindorf in Göttingen. Und als ich ihr von dem Namen auf der Liste berichtete, sagte sie: 'Das ist mein Großvater, und wir wussten nicht, wohin die Russen ihn verschleppt haben'." Seit 30 Jahren beschäftige er sich nun mit den Namen von Menschen und Orten, aber zum ersten Mal seien ihm jetzt die Tränen gekommen, so Udolph. "Hier erfahren Menschen Jahrzehnte später, was aus ihren Verwandten geworden ist."

    Vorausgesetzt, der Name des Verwandten wird richtig erkannt. Dabei hilft Professor Udolph nun. "Auf der Liste stehen zum Beispiel haufenweise 'Goffmann'. Das muss natürlich 'Hoffmann' heißen. Im Russischen wird, wie üblich, ein deutsches ,g' durch ,h' ersetzt", erläutert der Namenforscher einen der einfachen Fälle.

    Dank Udolph wird nun "Achsmann" wieder zu "Axmann", "Blawius" zu "Blavius", "Dibener" zu "Dübener" und "Gaffschild" zu "Hauschild". "Das sind zunächst erst einmal meine Verbesserungsvorschläge, die natürlich noch geprüft werden müssen", betont Udolph. Bei einigen Namen tappt auch er momentan noch im Dunkeln, "Bitzk" und "Elked" zum Beispiel.
    Bis Ende Februar will Udolph mit seinen Mitarbeitern die ganze Liste durchkämmt haben. Eine Mammutaufgabe. "Ein Glück, dass ich gerade ein Forschungsfreisemester habe", sagt der Professor.

    Franziska Clauß/Carsten Heckmann


    Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Jürgen Udolph
    Telefon: 0341 97-37460
    E-Mail: udolph@uni-leipzig.de
    www.uni-leipzig.de/~slav


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Politik, Recht, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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