So alt sie ist - die Nadel wäre noch brauchbar, wenn sie dazu nicht viel zu schade wäre. Das feine Öhr und die scharfe Spitze brauchen den Vergleich mit modernen Nachfolgerinnen nicht zu scheuen. Dass letztere im Serienverfahren aus Metall gefertigt sind, während ihre Urahnin aus einem Knochen geschnitzt wurde, verleiht dem prähistorischen Nähinstrument nur zusätzlich die Aura der Kunstfertigkeit. Respekt vor den Menschen der Steinzeit kann eine Sonderausstellung lehren, die über mehrere Monate von der Ur- und Frühgeschichtliche Sammlung der Universität Erlangen-Nürnberg gezeigt wird. Der Kustos der Sammlung, Dr. Christian Züchner, will Öffentlichkeit und Fachwelt dadurch auf Schätze aufmerksam machen, die bisher recht wenig beachtet wurden.
Unter Glas liegt übersichtlich aufgereiht, was nützlich ist und das Leben erleichtert: Geräte, um Essen zuzubereiten, Kleider anzufertigen, Vorräte aufzubewahren oder Rohstoffe zu gewinnen. Da ist die Haushaltsabteilung, die Waffensammlung, die Werkzeugecke. Müll gibt es auch; nachhaltige Verwertung steht zwar hoch im Kurs, aber manches bleibt trotzdem übrig. Hier sind Zeugnisse dafür zusammengetragen, wie ähnlich sich die Menschen geblieben sind, auch wenn die Lebensumstände im Lauf der Zeit noch so sehr wechseln.
Auf 15.000 Jahre schätzen Fachleute das Alter der Funde, die in der Sonderausstellung gezeigt werden. Die Grillkohle auf der Feuerstelle im Zentrum der Vitrinen stammt allerdings aus modernen Lagern, und die Steine zur Einfassung wurden kurzerhand aus dem fränkischen Umland geholt. Die Studentinnen und Studenten, die im Wintersemester 2002/03 das Ausstellungskonzept erarbeiteten, mussten improvisieren und mit wenig Geld auskommen. Den detailgetreuen Wurfspeer an der Wand haben sie auf eigene Kosten anfertigen lassen. Nicht mehr als 50 Euro seien für die Präsentation ausgegeben worden, berichtet Dr. Züchner, der die Studierenden anleitete.
Anders steht es um den Wert der Ausstellungsstücke. Einzigartige Objekte sind darunter: kunstvoll durchbohrter Schmuck, steinerne Näpfe, Stäbe mit haarfeinen Schnitzereien. Sie werden dem Magdalénien zugeordnet, einer Periode der Hochkultur in der Steinzeit. Zudem umgibt die Funde ein Hauch von Abenteuer. Der Schweizer Archäologe und Kunsthändler Otto Hauser entdeckte sie kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs in Südwestfrankreich inmitten einer berühmten Ausgrabungsstelle, in Laugerie-Intermédiaire. Als deutschsprachiger Ausländer musste Hauser wenig später Frankreich verlassen. Seine Dokumentation und zahlreiche behauene und gravierte Steine blieben zurück und gelten seither als verschollen. Der Erlanger Anatom Prof. Dr. Leo Gerlach hatte jedoch zuvor einen Großteil der Funde gekauft. Nur so entgingen sie dem völligen Vergessen, obwohl sie lange wenig beachtet wurden.
In Fachkreisen hat sich Otto Hauser - der "Heinrich Schliemann der Urgeschichtsforschung", wie Dr. Züchner ihn nennt - keinen unangefochtenen Ruf erworben. Für manche ist er nicht viel mehr als ein Plünderer. Bekannt wurde er durch populäre Bücher. An der Bedeutsamkeit seiner Entdeckung in der Dordogne kann es jedoch keinen Zweifel geben. Auf wenigen Quadratmetern häuften sich die Hinterlassenschaften von Steinzeitmenschen um einen "Feuerherd". Hauser hielt die Fundstelle für eine rituelle Opferstätte, die sich im Schutz eines abgestürzten Felsblocks erhalten hatte. "Ich bekam unwillkürlich den Eindruck, als hätte mein Kommen die Höhlenmenschen eben von ihrer Arbeit verscheucht: so unmittelbar und unberührt lag alles umher!", notierte er. Das Konzept der Erlanger Sonderausstellung nimmt Bezug auf das Bild, das sich Hauser bot.
Bis zum 15. Dezember ist im Kellergeschoss des Universitätsgebäudes in der Kochstraße 4 zu besichtigen, was von Otto Hausers Steinzeitaltar bis heute aufbewahrt ist. Von Montag bis Freitag ist Einlass zwischen 9 und 17 Uhr nach telefonischer Voranmeldung; Gruppen können auch am Wochenende einen Termin erhalten. Zur langen Nacht der Wissenschaft am 25. Oktober ist die Ausstellung ebenfalls geöffnet.
Weitere Informationen:
Dr. Christian Züchner
Tel.: 09131/85 -22794
cnzuechn@phil.uni-erlangen.de
Für feine Näharbeit bestens geeignet: die Jahrtausende alte Knochennadel.
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Für Wurfspeere sinde solche Speerspitzen gearbeitet. Mit einer hakenförmigen Speerschleuder wurde di ...
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft
überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
Für feine Näharbeit bestens geeignet: die Jahrtausende alte Knochennadel.
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Für Wurfspeere sinde solche Speerspitzen gearbeitet. Mit einer hakenförmigen Speerschleuder wurde di ...
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